Stadttheater. Roman by Fritz Raab

Stadttheater. Roman by Fritz Raab

Autor:Fritz Raab [Raab, Fritz]
Die sprache: deu
Format: epub
ISBN: 9783105607596
Herausgeber: FISCHER E-Books
veröffentlicht: 2016-01-30T16:00:00+00:00


Für Ira Kleinschmidt verläuft der restliche Tag ebenso aufregend, wie er begonnen hat. Nach dem Eingipsen ihres linken Arms und dem Verbinden ihres rechten Fußes schläft sie einige Stunden. Sie liegt allein im Zimmer, das zweite Bett ist frei. Morgens bei der Aufnahme war ihr eingefallen, daß sie eine Zusatzversicherung hat, die ihr Vater bezahlt, dadurch hat sie Anspruch auf die zweite Klasse. Das ist gut.

Als sie mittags erwacht, überfällt sie wieder der große Jammer. Sie weint eine Viertelstunde vor sich hin, bis sie die Blumen entdeckt, einen großen Strauß Astern, Dahlien und Chrysanthemen. Auf der Karte, die an der Vase lehnt, liest sie, daß das Stadttheater ihr baldige Genesung wünscht. Das rührt sie sehr.

Dann ruft sie ihre Mutter in Plettenberg an.

«Ich bin im Krankenhaus, Mama.»

«Was? Um Gottes willen! Wo denn? Was ist passiert? Sprich doch, Kind!»

Ira berichtet über ihren Unfall, daß alles nicht so schlimm sei. Mit ihrer Rolle sei es natürlich aus, aber sie brauche nur zwei oder drei Tage im Krankenhaus zu bleiben. Nein, Schmerzen habe sie kaum, nur der Fuß tue ihr weh, wenn sie ihn bewege.

«Du kommst natürlich sofort her, wenn du laufen kannst. Hörst du?»

«Nein, Mama, das geht nicht.»

«Natürlich geht das. Du kommst auf jeden Fall.»

Ira will ihr nicht sagen, daß sie keinerlei Lust hat, daß ihr die Familie und das ganze Plettenberg auf die Nerven gehen, daß sie es höchstens zwei Tage dort aushalten würde.

«Ich bin doch hier in Behandlung, Mama. Die Versicherung zahlt nur, wenn ich hierbleibe. Das verlangt auch das Theater.»

Um ihre Mutter abzulenken, erwähnt Ira dann rasch, daß Sven Schulte sie gestern besucht habe.

«Sven Schulte? Das ist aber nett. Dann bist du ja nicht allein. Ich habe dir ja immer gesagt, daß Sven der einzige ist, auf den du dich verlassen kannst. Grüß ihn von mir, hörst du?»

Nachdem Ira den Hörer aufgelegt hat, fällt ihr ein, daß sie Sven nicht angerufen hat. Unhöflich. Na, wenn schon.

Das Mittagessen kommt. Hunger hat sie keinen, aber sie ißt trotzdem etwas. Der Gipsarm stört wahnsinnig. Dann schläft sie wieder ein. Sie träumt wirres Zeug von zu Hause, nichts Schönes, irgend etwas wird ihr verboten, sie ist wütend.

«Ira, ich bin’s. Wach doch auf!»

Ira öffnet die Augen, da steht Sven tatsächlich vor ihrem Bett, grinst blöde und hält in der Hand einen Riesenstrauß roter Rosen.

«Wie kommst du denn hierher?» fragt Ira verwirrt.

Leicht zu erklären. Sven hat im Hotel vergeblich mit dem Frühstück auf sie gewartet, ist später zum Theater gegangen und hat beim Pförtner nach ihr gefragt. Der Pförtner hat telefoniert und ihm von dem Unfall erzählt. Dann brauchte er nur noch herauszufinden, in welchem Krankenhaus sie lag. Jetzt bringt er ihr Blumen, wünscht gute Besserung, und eine Frage hat er auch noch.

«Weißt du, ich hab mir das gründlich überlegt.» Er sucht einen Platz, wo er die Blumen loswerden kann, legt sie auf den Tisch, baut sich vor ihrem Bett auf und fragt: «Du, wollen wir nicht heiraten?»

Ira ist so verblüfft, daß es ihr die Sprache verschlägt. Sie betrachtet sein Gesicht. Die kleine Arroganz, die es meistens zeigt, ist nicht vorhanden, er sieht ernst aus und ein bißchen verlegen.



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